Vererbbare
Augenerkrankungen

01.09.2022
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Was sind vererbbare Augenerkrankungen und wodurch werden sie verursacht?

Es gibt eine Reihe von Augenerkrankungen, deren Ursache in den Genen liegt und die durch verschiedene Erbgänge weiter vererbt werden können. Gene enthalten Informationen, die zur Bildung von Proteinen notwendig sind. Bei einer Störung dieser Informationen kommt es zu fehlerhaften Anlagen und Funktionen – im Auge beispielsweise im Bereich der Netzhaut, des Glaskörpers, der Regenbogenhaut etc. Bei bestimmten Erbgängen wird die Erkrankung unmittelbar an die Nachkommen weitervererbt, bei anderen Formen kann es sein, dass eine oder mehrere Generationen übersprungen werden und die erkrankten Personen keinen ebenfalls betroffenen Verwandten kennen.
Bei vielen genetisch bedingten Augenerkrankungen liegt ein sogenannter autosomal-dominanter Erbgang vor, d.h. die Krankheit wird mit einer Wahrscheinlichkeit von 50% an das Kind weitervererbt, auch wenn nur ein Elternteil betroffen ist. Bei einem autosomal rezessiven Erbgang hingegen müssen beide Elternteile ein erkranktes Gen in sich tragen, damit das Kind erkrankt. Die statistische Wahrscheinlich für eine Erkrankung des Kindes liegt bei 25%. Eine X-chromosomal übertragene Krankheit, wie beispielsweise die juvenile Retinoschisis, führt ausschliesslich bei Männern zur Erkrankung, da diese nur ein X-Chromosom besitzen. Frauen hingegen haben zwei X-Chromosomen, wodurch das gesunde, das kranke Chromosom kompensieren kann.

Welche Augenerkrankungen sind vererbbar?

Vererbbare Augenerkrankungen können verschiedene Teile und Funktionen des Auges betreffen.

Viele genetisch bedingte Augenkrankheiten führen zu einer Störung im Bereich der Netzhaut:

Retinopathia pigmentosa

Bei dieser Erkrankung kommt es zu einer Zerstörung der Photorezeptoren (Stäbchen und Zapfen) in der Netzhaut. Die Erkrankung tritt meistens im Kindes- oder jungen Erwachsenenalter auf und wird durch über 50 verschiedene Erbgänge weiter vererbt. Eine Retinopathia pigmentosa äussert sich durch eine beginnende Nachtblindheit, reduziertes Farb- und Kontrastsehen, eine erhöhte Blendempfindlichkeit und eine schrittweise Sehverschlechterung mit einer zunehmenden Einschränkung des Gesichtsfelds („Tunnelblick“) bis hin zu einer Erblindung. Es existiert keine ursächliche Therapie der Erkrankung. Die Gabe von Vitamin A kann in einzelnen Fällen zu einer Verbesserung der Symptomatik führen.

Im Bereich der Netzhaut, kann auch die sogenannte Makula, der Bereich mit der höchsten Sehschärfe auf der Netzhaut, betroffen sein. Der Begriff der Makuladystrophien bezeichnet eine Vielzahl von Erkrankungen, die diese Makula betreffen und zu einer Reduktion der Sehschärfe führen. Beispiele für diese sogenannten Makuladystrophien sind der Morbus Best oder der Morbus Stargardt:

Morbus Best (vitelliforme Makuladystrophie)

Dabei handelt es sich um eine seltene, autosomal-dominant vererbte Erkrankung, die in der Regel im Kindes- oder Jugendalter auftritt. Im Laufe der Zeit kommt es zu einer zunehmenden Verschlechterung der Sehfähigkeit. Eine Behandlung der Ursache ist nicht möglich.

Morbus Stargardt

Der Morbus Stargardt ist eine ebenfalls selten auftretende Erkrankung, die autosomal rezessiv vererbt wird und zwischen dem 10. bis 20. Lebensjahr auftritt. Die Erkrankung äussert sich durch eine fortschreitende Sehverschlechterung. Eine ursächliche Behandlung ist nicht möglich, das restliche Sehvermögen kann jedoch durch vergrössernde Sehhilfen unterstützt werden.

Genetisch bedingte Augenkrankheiten können auch den Glaskörper und die Netzhaut betreffen:

Juvenile Retinoschisis

Die juvenile Retinoschisis betrifft nur Männer, da es X-chromosomal rezessiv vererbt wird. Frauen können lediglich Überträgerinnen des kranken Gens sein, da sie zwei X-Chromosome haben (das gesunde Chromosom kann das kranke „ausgleichen“) und daher nicht selbst erkranken. Der Glaskörper und die Netzhaut sind im menschlichen Auge durch Fasern verbunden. Im jungen Erwachsenenalter kommt es bei dieser Erkrankung durch einen vermehrten Zug am Glaskörper (Traktionen) zu einer Spaltbildung in der Netzhaut. Das Sehvermögen nimmt bei den betroffenen Personen bis zum Jugenalter kontinuierlich ab, danach bleibt es relativ stabil, bis es im Alter zwischen 40 und 50 Jahren typischerweise zu einer erneuten Verschlechterung kommt.

Morbus Wagner

Die Erkrankung wird autosomal dominant vererbt und äussert sich durch eine Verflüssigung im Zentrum des Glaskörpers.

Vererbbare Augenerkrankungen können auch zu Farbanomalien der Regenbogenhaut (Iris) führen:

Okulärer Albinismus

Bei dieser Erkrankung kommt es durch eine vererbte Stoffwechselstörung zu einer reduzierten Pigmentierung des Auges. Von einem okulären Albinismus spricht man, wenn nur die Augen (und nicht auch die Haare oder die Haut) betroffen sind. Die Sehfähigkeit ist in der Regel deutlich herabgesetzt. Durch die fehlenden Farbpigmente in der Regenbogenhaut leiden die betroffenen Personen auch an einer erhöhten Blendempfindlichkeit und Lichtscheu (Photophobie), da die restlichen Pigmente das einfallende Licht nicht mehr ausreichend filtern können.

Genetisch bedingte Augenkrankheiten können auch eine Störung der Augenbewegungen verursachen:

Nystagmus

Ein Nystagmus kann angeboren oder erworben sein und äussert sich durch ein sogenanntes „Augenzittern“, das durch die betroffene Person selbst nicht kontrolliert werden kann. Das Auge schwankt dabei, nachdem es einen Objekt nachgeschaut hat, beispielsweise einem vorbei fahrenden Zug, wieder ruck- oder pendelartig in die Ausgangsposition zurück. Die Behandlung erfolgt durch das Tragen von bestimmten Gläsern (Prismen), durch eine Kopfzwangshaltung oder eine Operation an den Augenmuskeln.

Eine vererbbare Augenerkrankung, die die Linse betrifft, ist der:

Angeborene Graue Star (kongenitale Katarakt)

Ein Grauer Star kann angeboren sein und durch verschiedene Erbgänge (autosomal dominant, autosomal rezessiv, X-chromosomal gebunden oder auch sporadisch) vererbt werden. Bei einem Grauen Star kommt es zu einer Linsentrübung mit Symptomen wie einem eingeschränkten Sehvermögen, einer erhöhten Blendempfindlichkeit und dem Verblassen von Farben. Dabei gilt zu beachten, dass vererbte Katarakte nicht immer zu Sehstörungen führen. Ob eine operative Behandlung notwendig ist, wird individuell je nach Ausmass der Symptome entschieden werden und muss meist nur bei schlechtem Sehvermögen erfolgen.

Eine angeborene, den Augeninnendruck betreffende Erkrankung, ist der:

Angeborene Grüne Star (kongenitales Glaukom)

Der Grüne Star ist eine häufige Erkrankung und kann verschiedene Ursachen haben – nur 1% der Fälle ist angeboren und wird meist autosomal-rezessiv vererbt. Angeborene Glaukome äussern sich meist schon in den ersten sechs Lebensmonaten, fast ¾ der betroffenen Kinder ist männlich. Bei einem Grünen Star kommt es durch eine erhöhte Produktion oder einen gestörten Abfluss von Kammerwasser zu einem Druckanstieg im Inneren des Auges. Dadurch treten Symptomen wie Lichtscheu, tränenden Augen oder einer vergrösserten Hornhaut auf. Besonders auffällig und ein deutliches Warnzeichen sind „schöne, grosse Augen“ eines Kindes. Diese sind ein Zeichen für einen erhöhten Augendruck und Eltern, die diese bei ihren Kindern beobachten, sollten unbedingt einen Augenarzt aufsuchen, um den Augendruck messen zu lassen. Die Behandlung eines angeborenen Grünen Stars erfolgt operativ (Goniotomie, Trabekulotomie).

Auch Fehlsichtigkeiten wie Kurz- und Weitsichtigkeit können eine genetische Komponente haben.

Wie werden vererbbare Augenerkrankungen behandelt?

Vererbbare Augenerkrankungen können meistens nicht ursächlich behandelt werden. Die Therapie zielt darauf ab, die Symptome zu lindern und etwaige Fehlsichtigkeiten (Kurz- oder Weitsichtigkeit) mit Sehhilfen so weit wie möglich zu korrigieren. Bei einer erhöhten Blendempfindlichkeit kann auch das Tragen einer getönten Brille hilfreich sein.

Fazit

Eine ursächliche Behandlung von vererbbaren Augenkrankheiten ist meist nicht möglich, durch unterstützende Massnahmen wie Sehhilfen oder das Tragen von getönten Brillen können die durch die Erkrankung entstehenden Einschränkungen reduziert werden. Ein angeborener Grüner oder Grauer Star kann operativ behandelt werden. Die Vorbeugung von genetisch bedingten Augenerkrankungen ist nicht möglich, dennoch ist es besonders wichtig, auch Verwandte 1. Grades (Eltern, Geschwister) eines betroffenen Patienten augenärztlich und genetisch zu untersuchen. Ihre Augenärzte Bern untersuchen und beraten Sie gerne.

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