Albinismus und das Auge

31.08.2022
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Was ist Albinismus?

Unter dem Begriff Albinismus (lat. albus bedeutet „weiss“) versteht man in der Medizin eine Pigmentierungsstörung. Menschen, die an Albinismus leiden haben aufgrund einer gestörten Melanin-Synthese meist eine sehr helle bis weisse Hautfarbe, sehr helle Haare und Augenfarbe (Iris). Es gibt jedoch auch eine Variante, bei der nur die Augen, nicht aber die Haare und die Haut, betroffen sind (okulärer Albinismus).

Der Albinismus ist eine genetisch-bedingte Erkrankung, die autosomal-rezessiv vererbt wird. Das heisst nicht jeder, der Anlagen für einen Albinismus in sich trägt, erkrankt auch. Ein rein okulärer Albinismus wird x-chromosomal rezessiv vererbt. Es sind dabei 15 Gene und viele verschiedene Mutationen bekannt, deren Störung oder Vorhandensein einen Albinismus verursachen kann.

Zudem kann auch die Ausprägung sehr unterschiedlich sein. Diese hängt von der Aktivität eines bestimmten Enzyms bei der Melanin-Synthese ab. Ist die Aktivität der Tyrosinkinase nur reduziert so kann die Haut eventuell etwas bräunen oder die Haare im Laufe des Lebens etwas dunkler werden. Ist sie hingegen inaktiv, so besteht in der Regel keine Pigmentierung der Haare, Haut und Iris.

Aufgrund der genetischen Komponente kommt Albinismus in bestimmten Regionen der Welt häufiger vor als in anderen, beispielsweise in Afrika (1:1000). Weltweit sind im Durchschnitt etwa 1:20.000 Personen betroffen.

Warum sind bei Albinismus auch die Augen betroffen?

Neben den Haaren und der Haut, sind auch die Augen von Betroffenen nicht pigmentiert, d.h. sie enthalten kein oder kaum Melanin. Dadurch kann die Iris ihre Filter- und Schutzfunktion im Auge nicht wahrnehmen und Lichtstrahlen dringen ungefiltert ein. Die Betroffenen leiden dadurch an einer erhöhten Licht- und Blendempfindlichkeit, einer sogenannten Photophobie.

Bei betroffenen Personen ist die Entwicklung der Netzhaut (Retina) während der Embryonalzeit gestört. Daher ist auch die Fovea centralis, der Ort des schärfsten Sehens im Auge, nicht richtig ausgebildet. Dadurch resultiert ein teils stark vermindertes Sehvermögen.

Zudem treten häufig Refraktionsfehler wie bei einer Kurz- oder Weitsichtigkeit oder eine Hornhautverkrümmung (Astigmatismus) auf.

Weitere Beschwerden können ein vermindertes Kontrastsehen, ein gestörtes räumliches Sehen oder Schielen (Strabismus) sein. Die Störung des räumlichen Sehens resultiert aus der fehlerhaften Kreuzung von Nervenfasern im Gehirn.

Normalerweise kreuzt die Hälfte der Fasern aus einer Gesichtsfeldhälfte im sogenannten Chiasma opticum im Gehirn auf die andere. Dadurch entsteht ein dreidimensionaler Seheindruck, Informationen aus beiden Seiten des Gesichtsfeldes werden miteinander verbunden. Bei einer betroffenen Person mit Albinismus hingegen kreuzen viel zu viele, nämlich bis zu 90% der Fasern, auf die Gegenseite, wodurch das räumliche Sehen gestört wird.

Ein weiteres Symptom kann ein Nystagmus, ein sogenanntes Augenzittern, sein, der bei betroffenen Kindern ab einem Alter von 2-3 Monaten auftritt.

Wie kann ein Albinismus behandelt werden?

Eine ursächliche Behandlung eines Albinismus ist nicht möglich. Die Augen betreffend ist es lediglich möglich, die vorhandenen Beschwerden zu lindern und durch Hilfsmittel wie vergrössernde Sehhilfen das reduzierte Sehvermögen zu verbessern.

Welche weiteren Massnahmen können ergriffen werden?

Gegen die erhöhte Licht- und Blendempfindlichkeit kann das Tragen von getönten Brillen etwas Abhilfe schaffen. Auch das Tragen von farbigen Kontaktlinsen kann sinnvoll sein und dabei helfen, dass sich die Betroffenen im sozialen Umfeld wohler fühlen.

Besteht ein Nystagmus oder schielt die betroffene Person, so kann unter Umständen eine Operation an den Augenmuskeln erwogen werden.

Beim Auftreten von Albinismus wird die genetische Testung von Familienmitgliedern empfohlen.

Zudem haben Patienten mit Albinismus aufgrund der verminderten Pigmentierung der Haut häufig auch dermatologische Probleme. So ist das Risiko für das Auftreten von Hautkrebs (Baselzell- und Plattenepithelkarzinom) erhöht. Daher sollte die Haut soweit wie möglich durch das Tragen von Sonnenschutz oder die Haut mit verdeckender Kleidung geschützt werden.

Wie ist die Prognose?

Personen mit Albinismus haben eine normale Lebenserwartung. Auch die psychische Entwicklung ist normal und unterscheidet sich nicht von der nicht-betroffenen Bevölkerung. Das Risiko an Hautkrebs zu erkranken kann durch geeignete Schutzmassnahmen deutlich reduziert werden. Durch die Sehbehinderung kann es jedoch zu einer Einschränkung der Lebensqualität und auch einer erhöhten Unfallgefahr kommen, da Hindernisse in der Umwelt unter Umständen nur unzureichend wahrgenommen oder Hinweisschilder nicht richtig gelesen werden können. Dies unterstreicht die Wichtigkeit einer genauen augenärztlichen Untersuchung um den Grad der Sehbehinderung richtig einschätzen und entsprechende Massnahmen, wie beispielsweise das Tragen von vergrössernden Sehhilfen, ergreifen zu können.

Fazit

Albinismus ist eine genetische Erkrankung, welche eine gestörte Melanin-Synthese und somit verminderte Pigmentierung von Haaren, Haut und Augen zur Folge hat. Betroffene Personen haben ein reduziertes Sehvermögen mit einer erhöhten Blendempfindlichkeit, einer gestörten räumlichen Wahrnehmung und einem verminderten Kontrastsehen. Regelmässige augenärztliche Kontrollen von Betroffenen sind notwendig um durch Hilfsmittel wie Brillen oder dem Tragen von Sonnenbrillen die vorhandenen Einschränkung so optimal wie möglich ausgleichen zu können. Zudem muss, sobald die Diagnose gestellt wurde, eine genetische Testung der weiteren Familienmitglieder veranlasst werden. Haben Sie Fragen? Ihre Augenärzte in Bern stehen Ihnen gerne beratend zur Verfügung. Zögern Sie nicht und vereinbaren Sie einen Termin!

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